Krankschreibungen weiterhin am Telefon möglich
Die Geltungsdauer der zum 23.03.2020 eingeführten Ausnahmeregelung des § 4 S. 3 Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie, nach der die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit auch ohne persönliche Untersuchung erfolgen kann, wurde verlängert. Die ursprüngliche Regelung sah eine Befristung bis zum 19.04.2020 vor. Im Rahmen des „Beschluss(es) des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Richtlinie über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung“ vom 17.04.2020 einigte man sich zunächst darauf, die Geltungsdauer der Regelung nicht zu verlängern. Begründet wurde dies mit der „deutlichen“ Verringerung der Zahl der Neuinfektionen und der „strikten Beachtung von Abstands- und Hygieneregeln“ in allen Lebensbereichen. Darüber hinaus seien durch teilweise Wiedereröffnungsmöglichkeiten für Ladengeschäften auch in anderen Lebensbereichen behutsame Lockerungen erfolgt. Die Nichtverlängerung wurden unter anderem von Ärzteverbänden und Gewerkschaften massiv kritisiert. Als Reaktion auf die Kritik wurde die Regelung am 21.04.2020 schließlich bis einschließlich zum 04.05.2020 vorrübergehend verlängert. Die Verlängerung sei aufgrund der aktuellen Krisenlage zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus erforderlich. Der Gemeinsame Bundesauschuss betont aber weiterhin den strikten Ausnahmecharakter der Regelung: Aufgrund der Tragweite für Versicherte und ihrer arbeits- und sozialrechtlichen sowie wirtschaftlichen Bedeutung solle sich die Geltungsdauer der Regelung auf überschaubare Zeiteinheiten beschränken. Damit bleibt die Krankschreibung am Telefon in Zeiten von Corona weithin vorübergehend zulässig.
Ministererklärung zu virtuellen Betriebsratssitzungen in Zeiten von Corona
Das Bundesarbeitsministerium hat auf den Handlungsbedarf im Bereich digitales Arbeiten von Betriebsräten reagiert. In einer Ministererklärung vom 20.03.2020 führt Arbeitsminister Heil aus, dass unter den gegebenen Umständen eine Betriebsratssitzung mittels Video- oder Telefonkonferenz und die daraus resultierenden Beschlüsse nach Auffassung des Ministeriums zulässig seien. Die Reaktion des Bundesarbeitsministers beseitigt die bestehende Rechtsunsicherheit im Zusammenhang mit der gesetzlichen Regelung des § 33 BetrVG allerdings nicht gänzlich. Die Ministererklärung als exekutive Handlung stellt keine gesetzliche Rechtsgrundlage für „digitale Betriebsratsarbeit“ dar. Letztlich hängt die Wirksamkeit der Beschlüsse davon ab, ob Arbeitsgerichte die Rechtsauffassung des Bundesarbeitsministeriums teilen. Das am 23.04.2020 durch den Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz zu Arbeit von morgen soll vorübergehend bis Ende des Jahres die Arbeitsfähigkeit von Betriebsräten und weiteren betrieblichen Mitbestimmungsgremien per Video- und Telefonkonferenzen sicherstellen. Sobald das Gesetz abschließend im Bundesrat beraten wurde und in Kraft tritt, werden wir Sie darüber informieren.
Arbeitsschutzstandard zur Bekämpfung von Covid-19
Am 16.4.2020 wurden unter dem Titel „SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard“ einheitliche Arbeitsschutzmaßnahmen für Unternehmer und Arbeitgeber in Zeiten von Covid-19 veröffentlicht. Im Rahmen einer Pressekonferenz stellten Bundesarbeitsminister Heil und der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung Hussy die „zehn Eckpunkte des Arbeitsschutzstandard“ vor. Die Arbeitsschutzmaßnahmen sollen durch Unterbrechungen der Infektionsketten trotz der Wiederherstellung der wirtschaftlichen Aktivität einen mittelfristig andauernden Zustand flacher Infektionskurven gewährleisten. Der sechsseitige Standard umfasst Regelungen zu technischen Maßnahmen (bspw. Arbeitsplatzgestaltung, Lüftung), organisatorischen Maßnahmen (bspw. Schutzabstände, Handlungsanweisungen für Verdachtsfälle) sowie personenbezogene Maßnahmen (bspw. Schutzausrüstung, aktive Kommunikation). Um die Durchsetzung und Anpassung zu gewährleisten, ist vorgesehen, dass ein Beraterkreis „Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz zur Prävention von SARS-CoV-2“ eingerichtet wird und der Arbeitsschutzstandard bei Bedarf durch die Unfallversicherungsträger branchenspezifisch konkretisiert und ergänzt wird.
Arbeitgebern ist mit Blick auf die gesetzliche vorgesehene Pflicht zu Schutzmaßnahmen (§ 618 BGB) zu empfehlen sich mit dem Arbeitsschutzstandard vertraut zu machen.
Datenschutz in Zeiten von Corona
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit hat auf seiner Internetseite auf Anfragen von Arbeitgebern und Dienstherren allgemeine Hinweise zum Umgang mit personenbezogenen Daten von Mitarbeitern im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie veröffentlicht. Diese Daten, die Bezüge zwischen Personen und deren Gesundheitszustand herstellen (sogenannte Gesundheitsdaten), unterliegen dem besonderen Datenschutz gem. Art. 9 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 lit. b Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Die Verarbeitung von Gesundheitsdaten ist zwar grundsätzlich nur restriktiv möglich, jedoch könnten für verschiedene Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie oder zum Schutz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern datenschutzkonform Daten erhoben und verwendet werden (vgl. Art. 9 Abs. 2 lit. B DSGVO). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist im Einzelfall zu beachten. Beispielsweise dürfen Arbeitgeber Beschäftigte nach Kontakt zu Infizierten oder Urlaubsrückkehrer nach dem Aufenthalt in einem Risikogebiet befragen.
Erhöhung des Kurzarbeitergeldes
Entgegen kritischer Stimmen aus dem Arbeitgeberlager hat sich die große Koalition am 23.03.2020 darauf geeinigt, das Kurzarbeitergeld gestaffelt anheben zu wollen: für Arbeitnehmer, die das Kurzarbeitergeld für eine um mindestens 50% reduzierte Arbeitszeit beziehen, soll es ab dem vierten Monat des Bezugs auf 70% (bzw. bei 77% bei Haushalten mit Kindern) und ab dem siebten Monat des Bezuges auf 80% (bzw. bei 87% bei Haushalten mit Kindern) steigen – längstens bis Ende 2020.
Bessere Arbeitsbedingungen im Pflegebereich
Als Zeichen der Wertschätzung für Pflegekräfte sowie zur Steigerung der Attraktivität der Berufe sieht eine Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit (4. PflegeArbbV) eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen vor. Nicht zuletzt auch die aktuelle Corona-Pandemie zeige, dass Pflegekräfte eine große Verantwortung für das Leben und die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland tragen. Konkret sieht die Verordnung eine stufenweise Erhöhung der Mindestlöhne von 01.05.2020 bis 01.04.2022 sowie bezahlten Mehrurlaub von sechs Tagen ab 2021 (davor fünf Tage) vor.
Ausblick: Rechtsanspruch auf Homeoffice
Arbeitsminister Heil kündigte an, das Recht auf Arbeit von zu Hause aus gesetzlich verankern zu wollen. Nach den Vorstellungen des Ministers solle jeder Arbeitnehmer, der möchte und dessen Arbeitsplatz es zulasse, von zuhause arbeiten können. Bis Herbst werde er das Gesetz für ein Recht auf Homeoffice vorlegen. Die Regelung solle auch in der Zeit nach der Corona-Pandemie fortbestehen.
Weiterführende Informationen
Die aktuell geltenden Rechtslage beleuchten wir für Sie in unserem Blog-Beitrag: Homeoffice in Zeiten von Corona – das Wichtigste für Sie in Kürze.
Außerdem halten wir Sie auf unserer Homepage über die Entwicklungen auf dem Laufenden.