Anpassung der Betriebsratsvergütung nach BGH-Urteil notwendig
In Teil I unserer Serie haben wir das Urteil des BGH in erster Linie aus strafrechtlicher Perspektive besprochen. Der BGH entschied in diesem Fall, dass ein Vorstand oder Prokurist einer Aktiengesellschaft sich wegen Untreue gemäß § 266 I Strafgesetzbuch (StGB) strafbar machen kann, wenn einem Betriebsratsmitglied unter Verstoß gegen das betriebsverfassungsrechtliche Begünstigungsverbot nach § 78 S. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ein überhöhtes Arbeitsentgelt bezahlt wird.
Aufgrund dieser Rechtsprechung des BGH hatten die auf Arbeitgeberseite Zuständigen des betroffenen Konzerns die Betriebsratsvergütung im Anschluss an das Urteil nach unten korrigiert. Die derzeit bereits anhängigen Verfahren vor den Arbeitsgerichten betreffen daher denselben deutschen Automobilhersteller, dessen Kommission für Betriebsratsvergütung sich in dem besagten Strafverfahren wegen Untreue zu verantworten hatte. Auf der Klägerseite stehen die nun von der Vergütungskürzung betroffenen Betriebsräte, welche ihre monatliche Vergütung nach jahrelanger Arbeit als Betriebsrat schwinden sehen und von einer fairen Einstufung abhängig sind.
Berechnung einer angemessenen Höhe der Betriebsratsvergütung schwierig
Die Berechnung einer angemessenen Höhe der Betriebsratsvergütung war schon vor dem kürzlich ergangenen BGH-Urteil Gegenstand mehrerer Entscheidungen und hat in der Praxis erhebliche Probleme bereitet. In § 37 Abs. 1 BetrVG ist geregelt, dass Betriebsräten keine Vergütung für die Amtstätigkeit zufließt (Ehrenamtsprinzip). Andererseits ist das Arbeitsentgelt zu bezahlen, das ohne die Betriebsratstätigkeit bei Erbringung der Arbeitsleistung erzielt worden wäre (Lohnausfallprinzip).
Bei der Berechnung ist zu berücksichtigen, dass dem Betriebsrat als Vergütung für seinen Lohnausfall nicht nur das zusteht, was er vor Aufnahme der Betriebsratstätigkeit verdient hat, sondern das, was er voraussichtlich verdienen würde, wäre er nicht durch seine Betriebsratstätigkeit an der Ausübung seiner üblichen Tätigkeit als Arbeitnehmer gehindert. Dazu gehören zum Beispiel fiktiv zu erwartende Nacht- und Sonntagszulagen, variable Vergütungsbestandteile sowie die Berücksichtigung der betriebsüblichen beruflichen Entwicklung. Letzteres bedeutet, dass auch berücksichtigt werden muss, inwieweit sich das Gehalt von vergleichbaren Kollegen in der Zeit gesteigert hat, in der der Betriebsrat diese Entwicklung nicht durchlaufen konnte, weil er wegen seiner Aufgaben als Betriebsrat keine Zeit mehr für die inhaltliche Arbeitstätigkeit hatte.
Häufige Folge: Arbeitsrechtliche Verfahren
In der Praxis war eine angemessene Berechnung der Höhe der Betriebsratsvergütung und deren Nachvollziehbarkeit daher immer schon schwierig, und nach dem Urteil des BGH sind daran nun noch strengere Maßstäbe zu stellen. Wo es vorher großzügige Vergütungen gab, um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren, muss jetzt nachjustiert werden, um sich als Arbeitgeber nicht strafbar zu machen.
Eine kritische Bestandsaufnahme zu Lasten der Betriebsräte droht daher bei jedem Konzern. Arbeitgeber müssen bei einer schnellen Umsetzung jedoch Vorsicht walten lassen, denn es droht die Überkompensation ins andere Extrem. Ungerechtfertigte Rückzahlungsforderungen oder übertriebene Vergütungskürzungen sorgen für Unmut im Verhältnis zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber und können bis vor die Arbeitsgerichteführen.
In einem der nun anhängigen arbeitsrechtlichen Verfahren vor dem Arbeitsgericht Hannover geht es zwar derzeit „nur“ um eine Kürzung der Betriebsratsvergütung von 300,- Euro monatlich sowie eine Rückzahlungder bereits erhaltenen Vergütung im vierstelligen Bereich. Doch bereits jetzt ist absehbar, dass es in weiteren Verfahren um wesentlich mehr Geld gehen wird, was sich auf die bisher sehr großzügige Vergütungspraxis zurückführen lässt.
Rechtssicherheit für Arbeitgeber und Betriebsräte – wir beraten Sie gerne
Wie die derzeit anhängigen Verfahren zeigen, gilt es nun für Arbeitgeber, bei der Anpassung der Betriebsratsvergütung mit Augenmaß zu handeln. Auf der einen Seite ist das Urteil des BGH zu berücksichtigen, auf der anderen Seite werden Betriebsräte auch nicht jede beliebige Absenkung der Vergütung hinnehmen.
Aufgrund der komplexen Rechtslage ist es daher empfehlenswert, einen Experten im Arbeitsrecht hinzuzuziehen, um die Interessen von Arbeitgeber oder Betriebsrat bestmöglich vertreten zu können. Mit unserem Team von Fachanwälten für Arbeitsrecht sind wir die idealen Ansprechpartner zu diesem Thema. Wenn Sie also Beratung zum Thema Betriebsratsvergütung wünschen, kontaktieren Sie uns jederzeit gerne.
Lesen Sie zu diesem Thema auch Teil I unserer Serie, in dem wir das BGH-Urteil zum Thema Untreue-Risiko bei zu hoher Betriebsratsvergütung aus strafrechtlicher Perspektive beleuchten.