Urlaub in Zeiten von Covid 19: Besondere Informationspflichten für Arbeitnehmer
Die Corona-Zeit gestaltet zahlreiche rechtliche Bereiche um. Auch im Urlaubsrecht ergeben sich Besonderheiten: So darf der Arbeitgeber unter normalen Umständen nicht nach den genauen Urlaubsplänen und -zielen des Arbeitnehmers fragen. Während der Corona-Pandemie trifft die Arbeitgeber allerdings eine besondere Fürsorgepflichtbezüglich der Gesundheit der gesamten Belegschaft. Entsprechend ist die Frage nach dem Urlaubsziel ausnahmsweise zulässig – immerhin könnte es sich dabei um ein Risikogebiet handeln.
Nur so kann der Arbeitgeber abschätzen, ob sein Arbeitnehmer nach der Rückkehr in Quarantäne muss und beispielsweise Ersatzkräfte beschaffen werden müssen. Außerdem muss der Arbeitgeber gegebenenfalls die Sicherheitsmaßnahmen am Arbeitsplatz zum Schutz der Gesundheit anderer Mitarbeiter erhöhen. Die Reise verbieten kann der Arbeitgeber aber auch in diesen Zeiten nicht. Genauso wenig kann er den Mitarbeiter verpflichten, während heimischer Quarantäne Urlaub zu nehmen oder Überstunden abzubauen.
Rückkehr aus Risikogebieten: Gehaltsansprüche bleiben meist erhalten
Kommt der Arbeitnehmer aus einem Risikogebiet zurück, muss er nach den Regelungen der jeweiligen Bundesländer in der Regel 14 Tage lang in Quarantäne, soweit er kein negatives Testergebnis vorlegen kann. Es empfiehlt sich daher, während dieser Zeit in Absprache mit dem Arbeitgeber im Homeoffice zu arbeiten.
Ist dies nicht möglich , entfällt grundsätzlich der Lohnanspruch des Arbeitnehmers. Insoweit gilt der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“. Ein Lohnfortzahlungsanspruch nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) besteht nicht, da die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit nicht die alleinige Zwecke der Arbeitsverhinderung darstellt. Dieser Anspruch ist erst denkbar, wenn Sie wegen einer (Corona-)Erkrankung nicht arbeiten können.
In den meisten Fällen bleibt der Lohnanspruch aber nach § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wegen nur vorübergehender Verhinderung zur Arbeitsleistung oder nach § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) bestehen. Dabei sind drei Fälle zu unterscheiden:
Reisen in ein ursprüngliches Nicht-Risikogebiet
Verbringen Sie Ihren Urlaub in einem Land, das bei Abreise noch nicht als Risikogebiet deklariert wurde , bleibt der Gehaltsanspruch bestehen. Das gilt auch dann, wenn das Land während der Reise zum Risikogebiet erklärt wurde. Immerhin konnten Sie dies bei der Abreise noch nicht erkennen.
Der Vergütungsanspruch ergibt sich bereits aus § 616 BGB, da ein Verhinderungsgrund in der Person des Arbeitnehmers vorliegt. Der Vergütungsanspruch bleibt hiernach für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit erhalten. Ob 14 Tage „nicht erheblich“ in diesem Sinne sind, ist bislang ungeklärt. Grundsätzlich fallen hierunter nur Zeiträume von wenigen Tagen, wobei allerdings keine starre Grenze existiert und die Einzelumstände zu beachten sind. Aufgrund der klar abgrenzbaren, kurzen Zeit von zwei Wochen, ist die Quarantänezeit unserer Meinung nach hiervon noch umfasst. § 616 BGB darf allerdings im Arbeitsvertrag nicht zulässigerweise ausgeschlossen sein.
Selbst wenn ein Gericht § 616 BGB verneinen sollte , greift die Norm des § 56 IfSG. Hiernach zahlt der Bund bei quarantänebedingter Arbeitsverhinderung das Gehalt nachrangig bis zu sechs Wochen weiter. Die Auszahlung erfolgt weiterhin durch den Arbeitgeber, der sich die Kosten erstatten lassen kann.
Sollte eine Corona-Erkrankung auftreten, besteht für bis zu 6 Wochen ein Entgeltfortzahlungsanspruch gemäß § 3 EFZG. Bei einem positiven Testergebnis ohne Symptome, bei dem der Arbeitnehmer eigentlich arbeitsfähig wäre, greift § 56 IfSG.
Eine Besonderheit gilt bei Reisebeschränkungen: Sitzen Sie im Ausland fest, da eine Rückreise nach Deutschland nicht mehr möglich ist , entfällt der Lohnanspruch ersatzlos. Das sogenannte Wegerisiko liegt beim Arbeitnehmer.
Bewusste Reisen in Risikogebiete
Anders sieht die Lage bei Urlaubsreisen in Länder aus, die bereits vor der Abreise als Risikogebiete gelten. Insoweit ist für Arbeitnehmer vorhersehbar, dass eine Quarantäne oder gar eine Corona-Erkrankung droht. Es liegt damit eine schuldhaft herbeigeführte Arbeitsunfähigkeit vor.
In diesem Fall scheiden Ansprüche nach § 616 BGB bei Quarantäne beziehungsweise § 3 EFZG bei Corona-Erkrankung aus. Ob § 56 IfSG greift, ist bislang ungeklärt. Nach § 56 Abs. 1 S. 3 IfSG ist der Anspruch ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer die Quarantäne hätte vermeiden können. Vieles spricht daher dafür, dass wegen des Verschuldens gegen sich selbst der Anspruch zu verneinen ist. Dennoch bestätigte ein Sprecher der Regierung, dass ihrer Ansicht nach § 56 IfSG auch im Falle einer wissentlichen Reise in ein Risikogebiet greife. Bindend für Gerichte ist diese Erklärung aber nicht.
Zudem erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel am 27. August, dass eine Änderung des IfSG angestrebt wird. Demnach soll der Bund in solchen Fällen nicht mehr für einen Einkommensausfall bei Quarantäne aufkommen. Ob und wann eine entsprechende Gesetzesänderung in Kraft tritt, ist noch ungewiss.
Angeordnete Dienstreisen in Risikogebiete
Liegt keine private Urlaubsreise, sondern eine Dienstreise vor, gelten weitere Besonderheiten. Zum einen hat der Arbeitgeber im Sinne seiner Fürsorgepflicht den Arbeitgeber von nicht zwingenden Reisen in bekannte Risikogebiete zu befreien. Bei unentbehrlichen Dienstreisen muss er besondere Schutzmaßnahmen ergreifen und etwa einen Mund-Nasen-Schutz bereitstellen sowie über geltende Corona-Regelungen des Auslands informieren.
Während der Quarantäne nach der Rückkehr bleibt in diesen Fällen der Vergütungsanspruch bestehen. Den Arbeitnehmer trifft aufgrund der dienstlichen Anordnung kein Verschulden im Sinne der §§ 616 BGB, 56 IfSG. Gleiches gilt im Falle einer Corona-Erkrankung nach § 3 EFZG.
Fazit: Gute Chancen für Reiserückkehr
Arbeitnehmer sind nach ihrem Urlaub in Corona-Zeiten nicht schutzlos gestellt. Die unklare Rechtslage bezüglich der relevanten Normen sorgt dennoch für Unsicherheit bei Reiserückkehrern. Betroffene Arbeitnehmer sollten im Falle häuslicher Quarantäne zunächst offen auf den Arbeitgeber zugehen und Arbeit im Homeoffice vereinbaren. Ist das nicht möglich und verweigert der Arbeitgeber die Gehaltszahlung, lohnt es sich, dagegen vorzugehen. Wir helfen Ihnen dabei, Ihre Rechte gerichtlich und außergerichtlich durchzusetzen. Kontaktieren Sie uns gerne jederzeit.