Bereits unser Blogeintrag „Coronavirus: Arbeitsrechtliche Fragestellungen“ vom 13.03.2020 beschäftigte sich mit den Auswirkungen der Corona-Krise im Arbeitsrecht. Nachfolgend haben wir für Sie die neusten Entwicklungen zusammengefasst.

Erleichterte Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld in Corona-Zeiten                                

Das rückwirkend zum 01.03.2020 in Kraft tretende „Gesetz zu Erleichterung der Kurzarbeit“ soll gewährleisten, dass Unternehmen in besonderen Situationen wie der Corona-Krise entlastet und so Entlassungen vermieden werden können. Das Gesetz eröffnet die Möglichkeit der Kurzarbeit noch mehr Betrieben als zuvor, indem es die Voraussetzungen der §§ 95 f. SGB III durch Rechtsverordnung auf der Grundlage des neuen § 109 Abs. 5 SGB III modifiziert. Anders als in der Vergangenheit mit einem Drittel reicht künftig eine zehnprozentige Betroffenheit der Beschäftigten des Betriebs an einem Arbeits- oder Lohnausfall. Ferner müssen Beschäftigte künftig keine Minusstunden mehr aufbauen, bevor Kurzarbeitergeld gezahlt werden kann. Aufgrund der neuen Verordnungsermächtigung des § 11a AÜG kann die Möglichkeit Kurzarbeitergeld zu beziehen auch Leiharbeitnehmern eröffnet werden. Der neu eingeführte § 421c SGB III sieht vor, dass vorübergehend auf die vollständige Anrechnung des Entgelts aus einer während der Kurzarbeit zusätzlich aufgenommenen Beschäftigung auf das Kurzarbeitergeld verzichtet wird. Dadurch soll ein Anreiz geschaffen werden, vorrübergehende Tätigkeiten in systemrelevanten Bereichen aufzunehmen.

Ausführliche Informationen zur Kurzarbeit finden Sie in unserem Blogeintrag vom 19.03.2019.

Gesetzesänderungen im Rahmen der Sozialversicherung

Mit dem „Gesetz für leichteren Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus (Sozialschutz-Paket)“ zielt der Bundestag darauf ab die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie zu mildern. Konkret wird der Zugang zu den Grundsicherungssystemen vorübergehend erleichtert. Mit Blick auf die Erleichterung der Kurzarbeit sieht § 2 KugV auf Antrag des Arbeitgebers eine volle Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge durch die Bundesagentur für Arbeit vor.

Entschädigungsanspruch für Eltern bei Lohnausfall wegen Kinderbetreuung

Bereits im Blogeintrag „Coronavirus: Arbeitsrechtliche Fragestellungen“ haben wir uns mit dem Lohnanspruch von Eltern, die zur Betreuung ihrer Kinder zu Hause bleiben müssen und daher ihrer Arbeitspflicht nicht nachkommen können, beschäftigt. Die damals vorherrschende Meinung im Internet ging davon aus, dass § 616 BGB hier helfe.) Spätestens seit der flächendeckenden Schulschließung scheidet § 616 BGB mangels eines speziell in der Person des Arbeitnehmers liegenden Grundes aus. Es liegt vielmehr ein globaler Grund in Form der Schul- und Kitaschließungen vor. Der neue Anspruch nach § 56 Ia Infektionsschutzgesetz gewährt Eltern, die wegen der behördlichen Kita- und Schulschließungen vorübergehend nicht arbeiten können, einen Entschädigungsanspruch. Die sechswöchige Entschädigung beträgt 67% des Nettoeinkommens. Sie ist begrenzt auf einen monatlichen Höchstbetrag von 2060 Euro. Der für die Auszahlung zuständige Arbeitgeber kann bei der vom jeweiligen Bundesland bestimmten, zuständigen Behörde einen Erstattungsantrag stellen.

Im Rahmen des Sozialschutzpaketes wurde außerdem auf Initiative des Bundesfamilienministeriums ein Notfall-Kinderzuschlag eingeführt. Eine monatliche Zahlung von 185 Euro je Kind soll den Schutz von Familien mit geringen Einkommen bewirken.

Aufweichung des Arbeitszeitrechts

Der Gesetzgeber hat auch im Arbeitszeitrecht in Form des § 14 IV ArbZG eine Verordnungsermächtigung normiert, die Ausnahmen von den Regelungen des Arbeitszeitgesetzes, „insbesondere in epidemischen Lagen von nationaler Tragweite nach § 5 I des Infektionsschutzgesetzes“, ermöglicht. Diese soll die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, des Gesundheitswesens und der pflegerischen Versorgung, der Daseinsvorsorge sowie die Versorgung der Bevölkerung mit existentiellen Gütern gewährleisten. Eine konkrete Verordnung ist aktuell noch in Planung.

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am Telefon

Abseits der Aktivitäten des Bundestages haben sich die Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der GKV-Spitzenverband am 9.3.2020 darauf verständigt, dass in Ausnahme zu § 4 S. 1 der Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit auch ohne eine persönliche Untersuchung erfolgen darf. § 4 der Arbeitsunfähigkeitsrichtline wurde inzwischen durch zwei Sätze erweitert. Rückwirkend zum 23.3.2020 und befristet bis zum 19.4.2020 darf die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Versicherten mit Erkrankung der oberen Atemwege, die keine schweren Symptomatiken vorweisen, für einen Zeitraum von 14 Tagen auch nach telefonischer Befragung erfolgen. Eine Verlängerung der Geltungsdauer macht die Vorschrift selbst von der Entwicklung der COVID-19-Pandemie abhängig.

Ausblick: Erhöhung des Kurzarbeitergelds geplant

Das Gesetz zur Erleichterung der Kurzarbeit sowie das Sozialschutzpaket zeigen eine erste Reaktion der Regierung auf die arbeitsrechtlichen Herausforderungen durch die Corona-Krise. Weitere Reaktionen werden folgen. Der Bundesarbeitsminister Heil hat bereits angedeutet, dass man erwäge, das Kurzarbeitergeld zu erhöhen. Die Hans-Böckler-Stiftung kommt in einer am 1.4.2020 vorgelegten Untersuchung über „Kurzarbeitergeld in der Corona-Krise“ zu dem Ergebnis, dass Deutschland bei der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe des Kurzarbeitergeldes im europäischen Vergleich hinterherhinke.

Ausblick: Persönliche Anwesenheit des Betriebsrats zur Beschlussfähigkeit

Aber auch praktische Probleme stellen sich in naher Zukunft: In einer umstrittenen Stellungnahme aus dem März weist der Deutsche Anwaltverein auf die sich aus der aktuellen Situation ergebenden Einschränkungen der Handlungsfähigkeit der Betriebsräte hin. Ausgangspunkt der Einschränkungen sind §§ 33, 42 BetrVG, die eine persönliche Anwesenheit der Betriebsratsmitglieder vorsehen. Die Lösungsvorschläge des DAV werden von der Anwaltschaft dahingehend kritisiert, dass sie überwiegend Arbeitnehmerinteressen dienten.

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