Die bisherige Rechtsprechung des BAG
Bisher hatte das höchste Arbeitsgericht in Deutschland die Regelung des § 14 Abs. 2 Satz TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz) nicht im strengen wörtlichen Sinne ausgelegt. Die Norm verbietet sachgrundlose Befristungen, wenn der Arbeitnehmer bereits vorher beim Arbeitgeber beschäftigt war. Wie lange die Vorbeschäftigung zurückliegt, wird im Gesetz nicht erwähnt. Das BAG stellte jedoch die Maxime auf, dass länger als drei Jahre zurückliegende Arbeitsverhältnisse von diesem Verbot nicht betroffen seien (Urteil vom 6. April 2011, 7 AZR 716/09). Der Zweck der Regelung sei es, den Missbrauch befristeter Arbeitsverträge zu verhindern. Bei länger zurückliegenden Arbeitsverhältnissen bestehe dagegen die Gefahr, dass das Verbot zu einem Einstellungshindernis werde.
Das BVerfG folgt dem Gesetzeswortlaut
Diese Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht jetzt aufgegeben (Urteil vom 23. Januar 2019, 7 AZR 733/16). Dabei folgten die Erfurter Richter einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die bisherige Auslegung von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfGdurch die Erfurter Richter für verfassungswidrig erklärte (Beschluss vom 6. Juni 2018, 1 BvL 7/14). Der eindeutige Wortlaut der Vorschrift lasse keinen Raum für eine Rechtsfortbildung durch die Gerichte. Der Gesetzgeber hätte anderenfalls das Verbot der Kettenbefristungen anders formuliert. Die Verfassungsrichter stellten deshalb zusätzlich klar, dass nur in Ausnahmefällen der Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG eingegrenzt werden dürfe, ohne das die Gefahr von Kettenbefristungen besteht. Solche Fälle sind zum Beispiel denkbar, wenn
- das frühere Beschäftigungsverhältnis sehr lange zurückliegt,
- wenn es sich um eine geringfügige oder zeitlich sehr kurze Beschäftigung handelte
- oder wenn sich die Art der alten Tätigkeit von der neuen unterscheidet.
Acht Jahre reichen nicht aus
In dem vom BAG entschiedenen Fall ging es um eine Vorbeschäftigung, die immerhin acht Jahre zurücklag – nicht genug, um als Ausnahmefall zu gelten, so die Erfurter Richter. Acht Jahre seien ein „nicht sehr langer“ Zeitraum. Auch sei die damalige Beschäftigung nicht von kurzer Dauer und die Art der Tätigkeit vergleichbar gewesen. Der klagende Arbeitgeber durfte demnach keinen erneuten befristeten Arbeitsvertrag mit dem Arbeitgeber eingehen. Es nutzte dem unterlegenen Arbeitgeber auch nicht, sich auf die bisherige Rechtsprechung als Vertrauensgrundlage zu berufen. Denn er hätte es zumindest für möglich halten müssen, dass sich diese Rechtsprechung ändert.
Fazit
Der Streit um die richtige Auslegung von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist ein typisches Beispiel für verschiedene Methoden der rechtlich zulässigen Interpretation einer Norm. Die wortgetreue Auslegung widerspricht oft einer Lesart, die sich am Ziel und Zweck einer Vorschrift orientiert. Letztere Methode ist die sogenannte teleologische Auslegung. Das Bundesverfassungsgericht hat sich in dieser Frage an dem Willen des Gesetzgebers gehalten, der sich in der eindeutigen Formulierung manifestiert. In dieser ist von zeitlichen Beschränkungen für die Vorbeschäftigung keine Rede. In der gegenwärtig entspannten Situation auf dem Arbeitsmarkt ist diese Interpretation wohl auch für Arbeitgeber zumutbar. An diesem Fall wird ein weiteres Mal deutlich, wie wichtig es ist, einen guten Anwalt für Arbeitsrecht an seiner Seite zu haben, der sich nicht nur gut im Gesetz auskennt, sondern sich auch immer mit der aktuellen Rechtsprechen auseinandersetztsondern sich auch immer mit der aktuellen Rechtsprechung auseinandersetzt.