Kündigungsschutz besteht auch in Corona-Zeiten

An den geltenden Grundsätzen für Kündigungen im Arbeitsrecht ändert die Corona-Pandemie – anders als in manch anderen Rechtsgebieten – nichts. Sofern kein Kleinbetrieb vorliegt und der Arbeitnehmer länger als sechs Monate im Betrieb tätig ist, greift das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ein. Gemäß § 1 Abs. 1 und Abs. 2 KSchG ist eine ordentliche Kündigung nur wirksam, wenn sie sozial gerechtfertigt ist, also personenbedingte, verhaltensbedingte oder betriebsbedingte Kündigungsgründe vorliegen. Die „coronabedingte Kündigung“ muss also unter einen dieser Rechtfertigungsgründe fallen, um zulässig zu sein. Ein Sonderkündigungsrecht für Arbeitgeber gibt es auch in solchen Zeiten nicht.

Betriebsbedingte Kündigungen wegen Covid 19

Bricht dem Arbeitgeber wegen der Corona-Pandemie ein wesentlicher Teil seiner Einnahmen weg und muss er deshalb den Betrieb einstellen oder zurückfahren, kommt am ehesten eine betriebsbedingte Kündigung nach § 1 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1 KSchG in Betracht. An eine solche sind allerdings strenge Voraussetzungen geknüpft. So ist eine betriebsbedingte Kündigung – auch in Corona-Zeiten – grundsätzlich nur möglich, wenn

  • ein betriebliches Erfordernis zum Wegfall des konkreten Arbeitsplatzes führt,
  • die Kündigung dringend ist, also keine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz besteht und kein anderes milderes Mittel als die ordentliche Kündigung existiert, und
  • der Arbeitgeber eine ordnungsgemäße Sozialauswahl durchgeführt hat.                    

Aus diesen Grundvoraussetzungen folgt insbesondere, dass der Arbeitgeber bei der Kündigung darlegen muss, warum gerade der konkrete Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers wegfällt. Ein solcher Wegfall liegt etwa nicht vor, wenn eine Homeoffice-Regelung möglich ist. Weiterhin gilt, dass der Arbeitsplatz grundsätzlich dauerhaft wegfallen muss. Sollte sich die Lage des Arbeitgebers bereits wieder bessern, bevor die Kündigungsfrist abgelaufen ist, entfällt damit der Kündigungsgrund und der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Wiedereinstellung. Unabhängig davon dürfte es generell nur schwer möglich sein, den dauerhaften Wegfall des Arbeitsplatzes wegen Covid 19 zu begründen. Immerhin sind die wirtschaftlichen Einbußen des Unternehmens meist nur vorübergehend, solange etwaige behördliche Untersagungsanordnungen gelten. Hier entscheidet der Einzelfall, inwieweit die dargelegte Prognose des Arbeitgebers ausreicht.

Weiterhin darf es kein milderes Mittel als die Kündigung geben. Denkbare mildere Mittel sind vor allem die Einführung von Kurzarbeit und die Änderungskündigung. Ist die Einführung von Kurzarbeit im Betrieb möglich und realisierbar (insbesondere weil entsprechende Regelungen im Tarif- oder Arbeitsvertrag existieren), ist diese für den Fall des vorübergehenden Arbeitsmangels während der Corona-Pandemie ein milderes Mittel. Hat der Arbeitgeber bereits Kurzarbeit eingeführt, ist eine Kündigung zudem unwirksam, wenn sie auf denselben Gründen beruht, die zur Kurzarbeit geführt haben. Es müssen gerade weitere, später eingetretene Umstände hinzukommen, aufgrund derer der konkrete Arbeitsplatz des einzelnen Kurzarbeitnehmers wegfällt. Dies ist denkbar, wenn der Arbeitgeber seine Möglichkeiten zur Reduzierung der Arbeitszeit per Kurzarbeit bereits voll ausgeschöpft hat und der Arbeitsbedarf dennoch weiter zurückgeht.

Betriebsbedingte Änderungskündigung als Möglichkeit für Arbeitgeber?

Ein milderes Mittel zur betriebsbedingten Beendigungskündigung ist in aller Regel die Änderungskündigung. Eine solche bezeichnet die Kündigung des Arbeitsverhältnisses unter gleichzeitigem Angebot, den Arbeitsvertrag zu veränderten Bedingungen fortzuführen. Auf diese Weise lässt sich etwa die Arbeitszeit dauerhaft verringern oder die Tätigkeit des Arbeitnehmers anpassen.                                

Doch auch für die Änderungskündigung gelten im Wesentlichen die Vorgaben des KSchG. Insofern muss die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt sein, also personenbedingte, verhaltensbedingte oder betriebsbedingte Kündigungsgründe vorliegen. Für letzteres bedarf es wie bei der Beendigungskündigung eines dringenden betrieblichen Erfordernisses, aufgrund dessen der Arbeitnehmer nicht mehr zu den ursprünglichen Bedingungen beschäftigt werden kann.

Es gilt damit erneut der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, sodass kein milderes Mittel ersichtlich sein darf. Ein solches ist wie bei der Beendigungskündigung im Fall von Corona grundsätzlich die Kurzarbeit. Anders als bei der Änderungskündigung ist bei der Kurzarbeit die Reduzierung der Arbeitszeiten gerade nicht dauerhaft, sondern auf die Zeit der Krise beschränkt. Nur wenn Kurzarbeit nicht möglich ist oder ausreicht, kommt damit eine Änderungskündigung in Betracht.

Verhaltensbedingte und personenbedingte Kündigung wegen Corona

Theoretisch sind aufgrund der Corona-Pandemie auch verhaltensbedingte Kündigungen denkbar. Dafür müsste der Arbeitnehmer durch sein Verhalten gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen haben. Dies ist insbesondere denkbar, wenn er trotz Corona-Infektion bewusst weiter im Büro erscheint und Kollegen gefährdet. Oder anders herum: Wenn der Arbeitnehmer aus bloßer Angst vor einer Infektion nicht mehr zur Arbeit erscheint und jede Arbeitsleistung verweigert. Im letzteren Fall ist allerdings genau zu prüfen, ob die Verweigerung nicht ausnahmsweise gerechtfertigt ist, etwa weil der Arbeitnehmer zu einer Risikogruppe zählt und sich eines enormen Infektionsrisikos aussetzen würde. Jedenfalls wäre vor einer Kündigung grundsätzlich eine ordnungsgemäße Abmahnung notwendig.

Eine personenbedingte Kündigung wegen eines in der Person des Arbeitnehmers liegenden Grundes ist aufgrund der Covid-19-Pandemie kaum denkbar. Die nur vorübergehende Abwesenheit aufgrund von Krankheit oder behördlich angeordneter Quarantäne berechtigt nicht zur Kündigung. Im Gegenteil: Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer für bis zu sechs Wochen das volle Entgelt weiter zu bezahlen. Im Falle der Entgeltfortzahlung wegen angeordneter Quarantäne besteht für den Arbeitgeber allerdings in der Regel ein Erstattungsanspruch gegenüber dem zuständigen Gesundheitsamt.

Fazit und Rat

Planen Sie als Arbeitgeber eine „coronabedingte Kündigung“, müssen Sie weiterhin die gesetzlichen Kündigungsschutzvorschriften einhalten. Im Einzelfall ist daher genau zu prüfen, ob Sie nicht vorrangig auf Kurzarbeit oder eine Änderungskündigung zurückgreifen müssen. Auch Homeoffice ist in einigen Fällen eine denkbare Alternative.

Als Arbeitnehmer können und müssen Sie sich auch in Corona-Zeiten gegen unberechtigte (Änderungs-)Kündigungen wehren. Das Mittel der Wahl ist dabei die Kündigungsschutzklage, die allerdings binnen einer Drei-Wochen-Frist ab Zugang der Kündigung zu erheben ist.

Als Kanzlei für Arbeitsrecht mit jahrelanger Erfahrung sind wir Ihnen – ob Arbeitgeber oder Arbeitnehmer – gerne jederzeit behilflich.