Meinungsfreiheit versus Gefahr der Rufschädigung
Auf der einen Seite wird vertreten, dass der Arbeitnehmer außerhalb seines Arbeitsverhältnisses seine Meinung im Rahmen seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung kundtun können muss, ohne Repressalien seines Arbeitgebers befürchten zu müssen. Da können kritische Äußerungen im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik keine Ausnahme bilden. Andererseits wollen Arbeitgeber verständlicherweise mit möglicherweise rechtsextremem Gedankengut nicht in Verbindung gebracht werden und fürchten um ihre Reputation. Letztendlich wird hier immer eine Abwägung im Einzelfall notwendig sein, bei der insbesondere berücksichtigt werden muss, ob die Äußerungen des Arbeitnehmers bereits strafrechtlich relevant sind oder ob es sich tatsächlich um eine zulässige freie Meinungsäußerung handelt. Sofern es sich bereits um strafrechtlich relevante Äußerungen (z.B. Volksverhetzung, Aufruf zur Gewalt, etc..) handeln sollte, wird man darüber hinaus prüfen müssen, ob diese Äußerungen in irgendeiner Form ruf- oder geschäftsschädigend für den Arbeitgeber sein können. Erst dann werden solche Äußerungen im Einzelfall eine Kündigung begründen können.
Arbeitsgericht Mannheim: Kündigung wegen Postens fremdenfeindlicher Inhalte auf Facebook unwirksam
Das ArbG Mannheim (ArbG Mannheim , Urteil vom 19.02.2016 – 6 Ca 190/15) hat in diesem Zusammenhang folgenden Fall entschieden:
Sowohl die fristlose als auch die fristgerechte Kündigung eines Zugführers wegen des Einstellens eines Auschwitz-Fotos bei Facebook mit der Bildunterschrift „Polen ist bereit für die Flüchtlingsaufnahme“ sind unwirksam. Das Gericht ging zwar von einer Pflichtverletzung durch den Arbeitnehmer aus, da die Verwendung des Eingangstors von Auschwitz in Deutschland „tabuüberschreitend“ sei und in Verbindung mit Flüchtlingen „menschenverachtend“ anmute, es sich also nicht mehr um Satire handle. Der vorliegende Text und das Foto seien deshalb auch nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt und darüber hinaus geeignet, sich „ruf- und geschäftsschädigend“ auf den Arbeitgeber auszuwirken. Aufgrund des ansonsten bisher beanstandungslosen Verlaufs des Arbeitsverhältnisses über vierzehn Jahre hinweg sei aber dennoch weder eine außerordentliche noch eine ordentliche Kündigung gerechtfertigt, zumal der Arbeitnehmer das Foto auf seinem Facebookaccount unverzüglich gelöscht und sich beim Arbeitgeber entschuldigt hatte. Das Urteil vom 19.02.2016 ist noch nicht rechtskräftig, so dass man gespannt abwarten darf, wie das Landesarbeitsgericht entscheiden wird, sofern der Arbeitgeber in Berufung gehen sollte.