Kündigungsschutz bei betriebsbedingten Kündigungen

Artikelreihe "Kündigungsgründe"        

Die angesprochenen Anforderungen für Kündigungen aus betrieblichen Gründen regelt das Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Wie auch bei personenbedingten und verhaltensbedingten Entlassungen ist daher entscheidend, ob dieses im konkreten Fall anwendbar ist. Dies ist grundsätzlich der Fall, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat und beim Arbeitgeber regelmäßig mehr als 10 Vollzeitarbeitnehmer beschäftigt sind. In Ausnahmefällen findet das KSchG auch in anderen Fällen Anwendung.Greift das Kündigungsschutzgesetz nicht ein, besteht nur ein sehr eingeschränkter Kündigungsschutz im Kleinbetrieb. Doch auch hier muss – wie in jedem Fall - die Kündigung schriftlich erfolgen, ein bestehender Betriebsrat zuvor ordnungsgemäß angehört werden und Vertretungsmacht für den Kündigenden bestehen. Auch darf die Kündigung nicht gegen die guten Sitten, das Maßregelungsverbot oder das Diskriminierungsverbot verstoßen. Darüber hinaus sind auch im Kleinbetrieb alle Arten des Sonderkündigungsschutzes zu beachten.            

Voraussetzungen für Kündigungen aus betriebsbedingten Gründen        

Nach § 1 Abs. 2 und 3 KSchG hat eine betriebsbedingte Kündigung primär drei Voraussetzungen, die kumulativ vorliegen müssen:

  • Betriebliche Erfordernisse: Grundvoraussetzung sind betriebliche Gründe, welche den Bedarf an Arbeitsleistung geringer ausfallen und den konkreten Arbeitsplatz entfallen lassen. Das kann zum Beispiel wegen einer Neuausrichtung des Unternehmens, der Schließung von Zweigstellen oder Auftragsrückgängen der Fall sein.
  • Dringlichkeit: Die Kündigung muss ferner dringlich sein. Es darf also keine Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz im Unternehmen (nicht nur dem Betrieb) geben.
  • Sozialauswahl: Bei der Auswahl, welcher Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen entlassen wird, hat der Arbeitgeber verschiedene Sozialgesichtspunkte zu beachten.            

Dringende betriebliche Erfordernisse als Kündigungsgrund        

Der Arbeitgeber muss ausreichend darlegen können, dass der geplante Personalabbau zu einem dauerhaften Wegfall des konkreten Arbeitsplatzes führt. Zwar muss die unternehmerische Entscheidung als solche vor den Arbeitsgerichten nicht betriebswirtschaftlich gerechtfertigt werden. Eine pauschale Berufung auf einen Umsatzrückgang oder eine Umstrukturierung genügt dennoch nicht. Der Arbeitgeber hat vielmehr konkret darzulegen, wie hoch der Umsatzrückgang ausfällt bzw. wie die Umstrukturierung abläuft und für welchen (dauerhaften) Personalabbau in welchem Umfang und in welcher Abteilung er sich deshalb entschlossen hat. Insbesondere ist sauber darzulegen, wie die verbleibenden Arbeitsaufgaben künftig erledigt werden sollen (etwa durch Kollegen), da anderenfalls ein missbräuchlich vorgeschobener Betriebsgrund im Raum steht. Hierbei hat der Arbeitgeber eine sehr umfassende Darlegungs- und Beweislast, die dazu führt, dass die meisten Kündigungsschutzklagen bei betriebsbedingten Kündigungen von Arbeitgebern verloren werden, wenn man sich nicht vorher verglichen hat. Oft liegt das nur daran, dass einzelne Punkte nicht sorgfältig und umfassend vorgetragen wurden.

Wichtig ist hierbei außerdem, dass der konkrete Arbeitsplatz dauerhaft und nicht nur vorübergehend in der Zukunft wegfällt. Aus diesem Grund berechtigen vorrübergehende Betriebsschließungen aufgrund der Corona-Pandemie alleine nicht zu betriebsbedingten Entlassungen, sondern regelmäßig nur zu Kurzarbeit oder Änderungskündigungen.

Zusätzlich müssen die betrieblichen Gründe „dringlich“ im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG sein. Hieran fehlt es, wenn der entlassene Arbeitnehmer auf einem anderen freien Arbeitsplatz im selben Betrieb oder einem anderen Betrieb desselben Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann. Ein alternativer Arbeitsplatz ist aber nur beachtlich, wenn er entweder auf gleicher Ebene oder darunter angesiedelt ist. Gemäß § 1 Abs. 2 S. 2 KSchG genügt es, dass der Arbeitnehmer nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen diese neue Stelle ausüben könnte, wozu allerdings dessen Einverständnis nötig ist. Auch eine mögliche Änderungskündigung geht einer betriebsbedingten Entlassung vor. Dies gilt, sofern es eine Stelle gibt, die der Arbeitnehmer nach einer Einarbeitungszeit, die in etwa der Länge der Kündigungsfrist entspricht, ausüben könnte, selbst wenn es sich nur um eine Teilzeitstelle, eine schlechte bezahlte Stelle oder um eine Stelle an einem anderen Standort handelt.        

Ordnungsgemäße Sozialauswahl durch den Arbeitgeber        

Stehen die konkret entfallenden Arbeitsplätze fest, hat der Arbeitgeber anhand einer Sozialauswahl diejenigen Arbeitnehmer für die Kündigung auszuwählen, die sozial am wenigsten schutzwürdig sind. In diese Sozialauswahl sind alle Arbeitnehmer einzubeziehen, welche Stellen desselben Anforderungsprofils besetzen wie diejenigen, die gestrichen werden sollen, oder hierauf per Direktionsrecht versetzt werden können. Entscheidend ist, dass Tätigkeit und Ausbildung der Mitarbeiter vergleichbar ist (sogenannte horizontale Vergleichbarkeit). Außer Betracht bleiben lediglich besondere Leistungsträger im Sinne des § 1 Abs. 2 S. 2 KSchG sowie offensichtlich unkündbare Arbeitnehmer (z. B. Schwangere oder Mitarbeiter in Elternzeit).

Steht die Vergleichsgruppe an Arbeitnehmern fest, sind hieraus die zu entlassenen Mitarbeiter zu ermitteln. Dabei muss sich der Arbeitgeber an den vier sozialen Kriterien des § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG orientieren:

  • Dauer der Betriebszugehörigkeit (je länger, desto schutzwürdiger)
  • Lebensalter (je älter, desto schutzwürdiger)
  • Unterhaltspflichten (je mehr, desto schutzwürdiger)
  • Schwerbehinderung (falls gegeben, besondere Schutzwürdigkeit)

Beispiel: Betriebsbedingt fällt ein Arbeitsplatz weg und der Arbeitgeber muss sich zwischen Mitarbeiter A und Mitarbeiter B entscheiden. Mitarbeiter A ist 55 Jahre alt, seit 25 Jahren im Betrieb beschäftigt und Vater von drei unterhaltsberechtigten Kindern. Mitarbeiter B ist 27 Jahre alt, kinderlos und seit 3 Jahren angestellt. Nach den obigen Kriterien ist Mitarbeiter A deutlich schutzwürdiger, sodass nach der Sozialauswahl alleine Mitarbeiter B zu kündigen ist.    

Kündigungsschutzklage und Abfindung: So handeln Arbeitnehmer richtig        

Haben Sie eine schriftliche betriebsbedingte Kündigung erhalten, ist schnelles Handeln gefragt. Zum einen müssen Sie sich binnen drei Tagen bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend melden. Zum anderen müssen Sie bzw. Ihr Rechtsanwalt binnen drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage beim Arbeitsgericht erheben, wenn Sie sich gegen die Entlassung wehren möchten. Die Entscheidung wird bei betriebsbedingten Kündigungen oft dadurch erschwert, dass der Arbeitgeber für den Fall des Verstreichenlassens der Klagefrist eine Abfindung anbietet. Oftmals sind bei einer Klage aber deutlich höhere Abfindungen möglich, wenn die Erfolgsaussichten positiv sind.                                            

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Aus diesem Grund sollten Sie vor einer Entscheidung den Rat eines erfahrenen Fachanwalts für Arbeitsrecht einholen, der Sie ehrlich über die Erfolgschancen aufklärt und die beste Strategie für Ihren Fall erarbeitet. Auch für Arbeitgeber ist wegen der hohen Anforderungen bei betriebsbedingten Kündigungen und der fehleranfälligen Vorbereitung der Entlassungen der Gang zu einem erfahrenen Rechtsanwalt im Arbeitsrecht empfehlenswert.

Wir helfen Ihnen sehr gerne bei Ihrem konkreten Anliegen weiter und beraten Sie ehrlich und offen über die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage. Arbeitgebern verhelfen wir durch jahrelange Erfahrung im Arbeitsrecht zu rechtssicheren Kündigungen bei Umstrukturierungen oder sonstigen Betriebsgründen. Zögern Sie daher nicht, uns jederzeit zu kontaktieren.

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