Unterschied zwischen Handelsvertreter und Arbeitnehmer

Handelsvertreter ist gemäß § 84 Handelsgesetzbuch (HGB), wer als selbstständiger Gewerbetreibender für einen anderen Unternehmer Geschäfte vermittelt oder abschließt und dabei im Wesentlichen frei seine Arbeitszeit bestimmen und seine Tätigkeit gestalten kann. Im Unterscheid zum Arbeitnehmer, der weisungsgebunden und persönlich abhängig von seinem Arbeitgeber ist, kann ein Handelsvertreter Tätigkeit, Arbeitszeit und Arbeitsort selbst bestimmen.

Maßgeblich für die Abgrenzung zwischen der Tätigkeit als Arbeitnehmer und als selbstständiger Handelsvertreter ist das Gesamtbild der vertraglichen Gestaltung und der tatsächlichen Handhabung. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich eigentlich um ein weisungsgebundenes Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.  Diese Abgrenzung zwischen selbstständiger und weisungsgebundener Tätigkeit ist eine wichtige Weichenstellung zur Beantwortung der Frage, welche Regeln es bei der Kündigung zu beachten gilt. Für die Kündigung eines weisungsgebundenen Arbeitnehmers gelten die allgemeinen Regeln (§§ 620 ff. Bürgerliches Gesetzbuch und ggf. das Kündigungsschutzgesetz). Für die Kündigung eines selbständigen Handelsvertreters sind hingegen die besonderen Kündigungsregeln der §§ 89 f. HGB einschlägig.

Kündigung des Handelsvertretervertrages

Die einseitige Beendigung des Handelsvertretervertrages erfolgt durch eine Kündigung. Beide Vertragspartner, also sowohl der Unternehmer als auch der Handelsvertreter, können das Vertragsverhältnis ordentlich unter Einhaltung der Kündigungsfrist oder außerordentlich ohne Frist kündigen:

Ordentliche Kündigung eines Handelsvertreters, § 89 HGB

Unbefristete Handelsvertreterverträge können gem. § 89 HGB unter Beachtung der Kündigungsfrist gekündigt werden. Sofern keine andere Vereinbarung getroffen wurde, ist die Kündigung jeweils nur zum Ende des Kalendermonats zulässig. Der Handelsvertretervertrag kann im ersten Jahr der Vertragsdauer mit einer Frist von einem Monat, im zweiten Jahr mit einer Frist von zwei Monaten und im dritten bis fünften Jahr mit einer Frist von drei Monaten sowie nach fünf Jahren mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden.

Eine vertragliche Verlängerung der Kündigungsfrist ist möglich, sofern diese sowohl für den Handelsvertreter als auch für den Unternehmer jeweils gleich lang ist. Eine kürzere Kündigungsfrist kann allerdings nicht vereinbart werden. Zu beachten ist ferner, dass sog. Kettenverträge von der Rechtsprechung nicht als befristete Verträge anerkannt werden, sondern als ein unbefristeter Handelsvertretervertrag angesehen werden. Bei Kettenverträgen wird ein Vertrag immer wieder durch einen neuen befristeten Arbeitsvertrag verlängert wird. Für die Berechnung der Kündigungsfrist gemäß § 89 Abs. 1 HGB ist die Gesamtdauer des Vertragsverhältnisses von Bedeutung.

Außerordentliche Kündigung eines Handelsvertreters, § 89a HGB

In der Regel setzt eine außerordentliche Kündigung eine Abmahnung, einen wichtigen Grund und die Erklärung der Kündigung innerhalb einer angemessen kurzen Frist nach Kenntniserlangung des Kündigungsgrundes voraus.

Auch wenn eine Kündigung gemäß § 89a HGB ausgesprochen werden soll, ist aufgrund des Ultima-Ratio-Prinzips grundsätzlich vorher eine Abmahnung als milderes Mittel auszusprechen. Nur bei tiefgreifenden Vertrauensverstößen wie Straftaten durch den Handelsvertreter ist eine Abmahnung entbehrlich.

Das Kennzeichen der außerordentlichen Kündigung ist, dass sie fristlos – also ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist – erfolgt. Erforderlich hierfür ist jedoch ein wichtiger Grund im Sinne des § 89a HGB. Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung ist jeder tatsächliche oder rechtliche Umstand, der dem kündigenden Vertragspartner die weitere Fortsetzung des Vertragsverhältnisses, und sei es auch nur bis zum Ende der Kündigungsfrist, unzumutbar macht.

Klassische wichtige Gründe für eine außerordentliche Kündigung durch den Unternehmer sind zum Beispiel ein Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot, ein Täuschungsversuch des Handelsvertreters oder der Versuch einer Straftat des Handelsvertreters zum Nachteil des Unternehmers.  Handelsvertreter hingegen kündigen außerordentlich insbesondere wegen arglistigen Verschweigens von provisionspflichtigen Geschäften durch den Unternehmer oder wegen der fortlaufenden Verzögerung von Provisionszahlungen.

Die außerordentliche fristlose Kündigung muss innerhalb eines nach den Umständen des Einzelfalls angemessen kurzen Zeitraums nach der Kenntniserlangung vom Kündigungsgrund erklärt werden. Dem Unternehmer ist hierbei zu empfehlen, möglichst innerhalb eines Monats zu kündigen, damit das Kündigungsrecht nicht durch eine Verwirkung gefährdet wird.

Besonderheiten des Handelsvertreterrechts

Das Handelsvertreterrecht ist in hohem Maße von der Rechtsprechung geprägt und daher für den juristischen Laien häufig intransparent. Für die Frage, ob ein Handelsvertretervertrag wirksam beendet wurde oder ob und in welcher Höhe ein Handelsvertreter einen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB hat, ist es empfehlenswert, sich von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen. Wenn Sie Handelsvertreter oder Unternehmer sind und Fragen zur Beendigung eines Handelsvertretervertrages haben, können Sie uns gerne kontaktieren.