Befristung von Arbeitsverträgen: Segen für Arbeitgeber - Fluch für Arbeitnehmer?
Für Arbeitnehmer sind befristete Arbeitsverträge oft ein wahrer Fluch: Zwar ist die Freude über eine Beschäftigung groß, doch weiß keiner so genau, wie es weitergeht, wenn das Ende der Befristung näher rückt. Gibt es einen unbefristeten Vertrag oder folgt die nächste Befristung? Oder endet das Arbeitsverhältnis zum angegebenen Zeitpunkt ganz? Die Unsicherheit ist groß, oft über Jahre hinweg - langfristige Planungen sind kaum möglich.
Für Arbeitgeber allerdings sind befristete Arbeitsverträge ein Segen, denn sie ermöglichen flexible Reaktionen auf die unterschiedlichsten Situationen, ohne an Kündigungsfristen denken zu müssen. Denn ein befristetes Arbeitsverhältnis läuft einfach aus. Dies führte in der Vergangenheit immer wieder dazu, dass Arbeitgeber die Möglichkeit durch sogenannte Kettenbefristung bewusst missbrauchten , um den Kündigungsschutz, der im unbefristeten Arbeitsverhältnis die Kündigung des Arbeitnehmers sehr erschweren würde, zu umgehen.
Gesetzliche Ausgangslage: bis zwei Jahre und höchstens dreimalige Verlängerung
Ausgehend von dem Grundsatz, dass unbefristete Arbeitsverträge die Regel und befristete Verträge lediglich die Ausnahme sein sollen, ist die Befristung von Arbeitsverträgen speziell geregelt.
Nach dem Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) ist grundsätzlich eine kalendermäßige Befristung eines regulären Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig.
Eine Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrages bis zu dieser Gesamtdauer darf höchstens dreimal vorgenommen werden.
Ausnahme: Regelungen in Tarifverträgen
Handelt es sich jedoch um einen tarifvertraglich geregelten Arbeitsvertrag gilt das oben gesagte nicht. Denn das Gesetz erlaubt den Tarifparteien die Abweichung von der Anzahl der Verlängerungen und der Höchstdauer der Befristung durch Tarifverträge. Das Gesetz spricht insoweit nur davon, dass von den gesetzlichen Vorgaben abgewichen werden kann. In welchem Maße dies zulässig sein soll, ist gesetzlich jedoch nicht geregelt.
Bisher orientierten sich die Tarifvertragsparteien in etwa an dem dreifachen Wert des gesetzlich zulässigen Gestaltungsrahmens von einer Höchstdauer von zwei Jahren und einer maximal dreimaligen Verlängerung bis zum Erreichen der Höchstdauer. Zwingend war diese Vorgabe jedoch bislang nicht.
Neue Signale der Arbeitsgerichte
Auch die Arbeitsgerichte sind sich den Missbrauchsmöglichkeiten und Schwierigkeiten für Arbeitnehmer, bewusst, die eine zu lange Befristung mit sich bringt. Es ist zu beobachten, dass die arbeitsgerichtliche Kontrolle befristeter Verträge immer strenger wird und an strengeren Maßstäben gemessen wird. Daher befindet sich auch die Rechtsprechung im stetigen Wandel.
Durch eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) haben nunmehr auch die groben Richtwerte, die bislang für Tarifparteien galten, nun ein Korsett erhalten. Denn das BAG konkretisierte erstmalig die Höchstwerte für tarifvertraglich organisierte Arbeitsverträge (BAG v. 26.10.2016 - 7 AZR 140/15).
In dieser Entscheidung bekräftigte das BAG zum einen seine Rechtsprechung zu den Anforderungen an eine tarifliche Befristungsregelung. Zum anderen wurde dieser auch weiterentwickelt: Es bestätigte zunächst, dass nach § 14 II 3 TzBfG durch Tarifvertrag- entgegen dem Gesetzeswortlaut- nicht nur entweder die Höchstdauer der Befristung oder die Anzahl der Verlängerungen, sondern kumulativ beide Vorgaben abweichend von § 14 II 1 TzBfG geregelt werden können.
BAG: Maximal sechs Jahre und neunmalige Verlängerung im Tarifvertrag
Die größte Neuerung ist jedoch, dass das BAG es erstmals einen konkreten Höchstrahmen aufstellt: Durch Tarifvertrag ist laut BAG die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrages nur noch bis zur Dauer von sechs Jahren und dieser Gesamtdauer nur eine neunmalige Verlängerung zulässig.
Nicht nur der Gesamtzusammenhang sowie Sinn und Zweck des TzBfG aber auch verfassungs- und unionsrechtliche Gründe machen, so das BAG, eine Beschränkung der durch § 14 II 3 TzBfG eröffneten Regelungsfreiheit der Tarifvertragsparteien erforderlich.
Eine über die nun vorgegebenen Höchstwerte hinausgehende erneute Befristung ist demnach unzulässig und kann im Rahmen einer Entfristungsklage vor den Arbeitsgerichten angegriffen werden. Dies muss jedoch innerhalb von drei Wochen nach dem vertraglich geregelten Ende des Arbeitsverhältnisses geschehen und sollte am besten von einem guten Fachanwalt für Arbeitsrecht eingelegt werden.